Politik sollte am Sportplatz generell nichts verloren haben, auch nicht am Golfplatz. Daran halten sich 99,9% der Golfer. Wenn es rund um Golf politisch wird, dann wird das meist von außen in die Golfszene hineingetragen. In Zeiten von COVID-19 ist jedoch vieles anders und nachdem Vizekanzler und Sportminister Kogler am 15.4.2020 unter anderem die Wiedereröffnung der Golfplätze in Österreich ab 1.5.2020 angekündigt hat, wird von einigen Leuten versucht, diesen Umstand zu nutzen und als einen politischen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben. Das Argument lautet: wie kann man nur so dreist sein und Golfplätze öffnen und Schulen weiterhin geschlossen halten.

Davon einmal abgesehen, dass die österreichische Bundesregierung nicht nur das Betreten von Golfplätzen, sondern auch die Öffnung der Anlagen für Tennis, Leichtathletik oder Bogenschiessen explizit ab Mai erlaubt, darf Golf, als der angebliche Sport der Reichen und Privilegierten, in der entfachten Diskussion als „böser Bube“ herhalten.

COVID-19 hat uns innerhalb weniger Tage und trotz aller Unterschiede in unserer Gesellschaft, sprichwörtlich in ein und das selbe Boot gesetzt. Wir wurden gebeten zu Hause zu bleiben, halten Abstand, warten im Standby beim AMS oder in Kurzarbeit, videotelephonieren im Homeoffice, bangen als KMU um Unterstützung, Schüler sind im virtuellen Hausunterricht und wir tragen in der Öffentlichkeit Mundschutz. Die Wirtschaft wurde eingefroren und unser hochkomplexes System wurde innerhalb weniger Tage auf Notbetrieb heruntergefahren. Zu guter letzt pumpte das gemeinschaftliche Herz nur mehr in den Krankenhäusern, den Lebensmittelgeschäften und anderen wenigen systemrelevanten Bereichen.

Doch das Österreich-Boot hat nach anfänglicher Euphorie schnell gezeigt, dass hier kein nationaler Schulterschluss entsteht und bald nach dem LockDown wurde das Trennende wieder vor das Gemeinsame gestellt. Gegenstimmen wurden laut, Kritik an den Maßnahmen und die ersten parteipolitisch ambitionierten Mitbürger versuchen aus der Krise politisches Kapital zu schlagen.

Einem findigen Politiker kommen geöffnete Golfplätze und zugleich geschlossene Klassenräume nur recht und man kommuniziert, dass der Regierung Golf wichtiger wäre als Kinder, Familien und Bildung. Diese populistische Finte ist so leicht zu durchschauen, wie das frisch geputzte Fenster eines Klassenzimmers. Man möchte „die da oben“ mit „uns da unten“ vergleichen. Die Crux an der Sache, dass Golf im Jahr 2020 nicht mehr viel mit „die da oben“ zu tun hat. Am Beispiel unserer Mitglieder im Golfclub Böhmerwald zeigt sich, dass hier kein elitärer Zirkel Champagner-trinkend und Zigarren-rauchend im abgesperrten Schlosspark unterwegs ist, sondern Golf im Böhmerwald ist ein Abbild unserer Gesellschaft. Golf im Böhmerwald ist bodenständig, es ist hemdsärmelig, es ist ungekünstelt und es ist frei von gesellschaftlichen Schranken - wie übrigens auf fast allen Golfplätzen zumindest in Europa! Es gibt den golfenden Abteilungsleiter, die golfende Kellnerin, die Krankenschwester, den Bankangestellten, den Pensionisten, die Unternehmerin, die Hausfrau, den Landwirt, die Friseurin, den Lehrer, den Schüler, die Studentin, den Arzt, die Verkäuferin und den Polizisten. Es gibt Golfer im Alter von 10 Jahren und es gibt sie noch immer mit 85. Es gibt sie sportlich und es gibt sie gemütlich. Sie kommen aus Österreich oder aus dem Ausland. Und dennoch kann man sie nicht auseinanderdividieren! Denn in der Krisenzeit hält man zusammen, man unterstützt sich, hilft am Platz und oftmals reichen allein schon ein paar positive Worte via WhatsApp, die Zuversicht geben.

Sport im Allgemeinen und Golf im Besonderen setzt uns Menschen gleich - es eint uns. Wir lieben unser Hobby und freuen uns, es mit Gleichgesinnten zu teilen und uns darin auch zu messen. Dazu ist die mehrstündige Bewegung an der frischen Luft für alle Altersgruppen nachweislich gesundheitsfördernd.

Viele Golfer in Österreich sind 60+ und haben - wie die meisten von uns - die letzten Wochen brav zu Hause ausgehalten. Man hat auf familiäre Besuche verzichtet, auf Feierlichkeiten, auf die Enkerl und auf Ausflüge mit Freunden. Für viele ältere Menschen ist Golf das letzte Hobby im Leben und oftmals auch deren wichtigster sozialer Kontakt zu anderen Menschen außerhalb der eigenen Familie. Wenn man Golfplätze am 1.Mai (mit all den definierten Abstandsregeln und Einschränkungen) öffnet, dann gibt man vielen Menschen nach mühseligen Wochen wieder ein kleines Stück Freiheit zurück, ohne permanent an die Gefahren des Virus denken zu müssen.

Es ist soviel leichter die Abstandsregeln auf einem Golfplatz einzuhalten, als in einer Schule oder gar einem Kindergarten. 70 ha offene Wiese vs. 25 qm Klassenzimmer. Jedem muss klar sein, dass Kinder (besonders im Volksschulalter) nach vermutlich 15 Minuten vergessen Abstand zu halten. Wenn man dann noch die Tatsache miteinbezieht, dass Klassenzimmer nicht auf wundersame Weise größer werden können, um Kinder nicht nebeneinander sitzen zu lassen, dann ist es wohl logisch, dass die Übertragung von SARS CoV 2 im Klassenzimmer wohl am schnellsten passieren würde und dass diese Maßnahme wohl eine der letzten sein wird, die gelockert werden kann. Ja es ist wichtig dass Kinder dringend aus den eigenen 4 Wänden wieder rauskommen müssen und ideal in die Schule gehen können. Zudem ist es möglich als Familie mit den Kindern Sport zu betrieben - ab 1.Mai dann auch auf den dann geöffneten Outdoor-Sportanlagen.

Es geht also nicht um Sport gegen Schule oder Golf gegen Klassenzimmer, es geht drum, dass unsere Gesellschaft gesund bleibt! Es ist an der Zeit, dass jeder von uns - ob jung, ob alt - ein klein wenig Freiheit zurückbekommen sollte. Wenn es beim Bogenschiessen, beim Tennis oder eben beim Golf passiert, dann ist das in Ordnung!

Stephan Waltl
Präsident des Golfclub Böhmerwald
www.boehmerwaldgolf.at